Die Fledermäuse lassen sich vom Regen nicht abschrecken

Bei der Batnight des Nabu fliegen die Tiere direkt über die Köpfe der wenigen Besucher. Von Gergana Rangelov.

25.08.2015 Kornwestheimer Zeitung.

 

Ins Wasser gefallen? Dieses Mal nicht. Vor zwei Wochen hatte der Kornwestheimer
Naturschutzbund (Nabu) seine Batnight wegen Starkregens und Sturm absagen
müssen. Am Sonntagabend startete der Nabu einen zweiten Versuch, die Kornwestheimer
Fledermäuse aufzuspüren.
Aber es regnete wieder, und die Fledermausexperten und Besucher, von denen
aber nur wenige gekommen waren, mussten bis zur letzten Sekunde bangen. Ob sich
die fliegenden Säugetiere bei einem solchen Nieselregen überhaupt blicken lassen?
Und wie! Nicht nur hörte das versammelte Publikum ihre Jagdrufe dank eines
Frequenzumsetzers. Die Fledermäuse flogen am Stadtgartensee direkt über den
Köpfen der staunenden Besucherinnen und Besucher.


Zunächst äußerten sich die Organisatoren eher skeptisch. „Regen ist schlecht für die
Orientierung der Fledermäuse“, erläuterte Bernd Mathe vom Nabu. Denn die Tiere
würden das Echo ihrer Schreie nutzen, um nachts zu jagen und sich in der Dunkelheit
zurechtzufinden. Außerdem versteckten sich die begehrten Fluginsekten, das Futter
der kleinen Säugetiere, bei einem solchen Wetter meist unter den Blättern und das
mache die Jagd noch schwieriger. Doch zur großen Überraschung schwirrten die Fledermäuse sorglos durch die Gegend und veranstalteten ein wahres  Geräuschespektakel. Dank spezieller Fledermausdetektoren, die die Frequenz der sonst nicht wahrnehmbaren Rufe an das menschliche Gehör anpassen, konnten alle das Jagdprinzip der Fledermäuse nachvollziehen. Auch für die zwei neugierigen Kindergartenkinder ein Spaß. Denn diese durften die Jagd sogar in einem Motten-Fledermaus-Rollenspiel nachspielen.


„Hört mal, das vorhin war wie ein Zwitschern und das jetzt ist mehr ein Klopfen,
richtig?“, verdeutlichte der Physiker Walter Riebe, Fledermausexperte beim Nabu. Ihr vielfältiges Wissen über die bemerkenswerten Tiere gaben die Fachmänner
gerne an das Publikum weiter, denn schließlich sind FledermausGruselgeschichten
längst passé. Früher wurden sie mit Vampiren gleichsetzt, heute weiß man, dass viele der Arten Vegetarier sind, etwa die großen, bis zu eineinhalb Kilogramm schweren Flughunde. Und diejenigen, die sich von anderen Tieren ernähren, haben meist Appetit auf kleine Insekten wie Motten, Mücken, Fliegen und Schnaken. Sie können bis zu 6000 Stück verzehren. Am Tag, versteht sich. Besonders erstaunlich sei das Hängeverhalten
der nachtaktiven Säuger, berichteten Riebe und Mathe. Die Tiere benötigten
sie dazu keine Muskelkraft, sie könnten aus diesem Grunde auch über den Tod hinaus
noch in dem Zustand verweilen. Ebenfalls eindrucksvoll: Die Fledermäuse seien in der Lage, die Geburt ihrer Jungen, meist eins pro Jahr, zu verzögern, falls das Wetter schlecht oder besonders kalt sei, erklärte Riebe, der nun schon über zehn Jahren das Verhalten der Tiere studiert. Wenn die Eltern nach der Geburt dann auf Jagd gehen würden, dann würden sie ihren Nachwuchs in einer Art „Kindergarten“ abgeben, bis sie mit hoffentlich reicher Beute zurückkommen. Ein nahezu menschliches soziales Verhalten.

 

In Kornwestheim haben mehrere Fledermausarten ihr natürliches Zuhause, etwa der Große Abendsegler und die Zwergfledermaus. Besonders wohl fühlen sie sich in der Nähe der städtischen Kläranlage im Osten Kornwestheims, am Alten Friedhof, bei der evangelischen Martinskirche im Alten Dorf sowie im Stadtgarten, schilderten die beiden Experten. Die speziell für sie angebrachten Fledermauskästen seien ein besonderes Anliegen des Nabu. Die Stadt verändere sich ständig und oftmals würden durch Baumaßnahmen natürliche Lebensräume verloren gehen, so Mathe. Da kommen die Nabu-Behausungen
den Tieren gerade recht.