Mauersegler in Kornwestheim

23.7.2012 19:30 Uhr in der Gaststätte Graf Zeppelin

 

Als die Kornwestheimer "Igelmütter" sind Helga und Susanne Scholl ja schon bekannt. Dass die beiden sich neben vielen anderen Tieren aber auch intensiv um Mauersegler kümmern, ist weniger bekannt.

 

Zurzeit betreut Susanne Scholl zwölf der kleinen Flieger und zwei hatte sie als "Ehrengäste" mit in den "Graf Zeppelin" gebracht.

 

Immer wieder gibt es Neuzugänge, aber immer wieder werden auch die Vögel ausgewildert, die kräftig genug sind. Am Freitag hatten Susanne Scholls Kinder der Hausaufgabenbetreung Gelegenheit, diesen spannenden Augenblick zu beobachten. Erstaunlich, dass die Mauersegler ohne jegliche Übung losfliegen um dann für Monate in der Luft zu bleiben.

 

Um das richtige Fluggewicht zu erreichen, treten sie vorher in Hungerstreik. Allerdings erst nachdem sie intensiv gefüttert wurden. Das geschieht viermal täglich bei den "Halbstarken", die ganz kleinen, die teils noch nackt und blind bei Scholls abgegeben werden, müssen häufiger gefüttert werden. Heimchen gibt es. Und was in den Kropf geht, ist enorm: Pro Woche verfüttern die Scholls 1500 dieser Grillentiere. 

Reiselustige Segler starten beim Roland

Susanne Scholl hat wochenlang Mauersegler aufgepäppelt. Darüber hat sie in einem Vortrag erzählt. jsw/red

Kornwestheimer Zeitung, 25.7.2012

 

Bis zu fünf Wochen lang waren sie in ihrer Obhut, vergangenen Freitag hat Vogelexpertin Susanne Scholl sechs junge Mauersegler in die Freiheit entlassen. Wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist, merke man an der Flügellänge – „und dass sie nervös werden“, sagte sie.


Unter dem Staunen einiger Kinder, die die Erzieherin in einer Gruppe betreut, zeigten die Jungtiere viel Flügelfertigkeit bei ihrem ersten Start. Nur ein Vogel bekam die Kurve nicht und landete zweimal bäuchlings auf dem Rasen in der Nähe der Rolandsstatue. „Der Platz ist aber ideal, sie brauchen ja die Thermik“, erklärte Scholl.

 

Für sie endete mit der Auswilderung die zeitaufwändige Aufzucht der Jungvögel, die ihr von Fundstationen oder Tierheimen aus dem ganzen Land anvertraut worden waren. Vier oder fünf Mal am Tag hatte sie sie füttern und ihnen dabei das Futter teils sogar in den Kropf stopfen müssen, da Mauersegler nicht wie andere Vögel häufig betteln und den Schnabel aufreißen würden. Rund 250 Grillen gab es proWoche für jedenVogel – „die vertilgen einiges“.

 

Langweilig wird es Susanne Scholl nun aber dennoch nicht. Denn sie hat noch weitere Vogelarten in Aufzucht und kümmert sich zudem – neben ihren Haustieren – um wilde Igel.


Beim Naturschutzbund (Nabu) hat Scholl dieser Tage mehr über ihre Arbeit
mit den reiselustigen Seglern berichtet. Zu der Aufzucht von Mauersegler-Babys kam sie nach dem plötzlichen Tod des Mannes, der für die Vogelaufzucht beim Ludwigsburger Tierheim zuständig war. Da habe man sie gefragt, ob sie diese Aufgabe nicht übernehmen könnte. „Mauersegler sind sehr soziale Tiere“, berichtete sie. Die gewandten Flieger seien sehr kommunikativ. Man kann ergänzen: Menschen, die sich mit Mauerseglern beschäftigen, können ihrerseits
eine Menge Kontakte knüpfen.

 

Zur deutschen Gesellschaft für Mauersegler in Frankfurt beispielsweise. Deren Vorsitzende Christiane Haupt ist Tierärztin und kann den Kornwestheimern weiterhelfen, wenn sie medizinische Probleme mit ihren gefiederten Zöglingen haben. „Da kommt es schon auch einmal vor, dass wir ein Tier nach Frankfurt schicken, damit Christiane Haupt es dort untersucht.“


Und auch in dieser Hinsicht hat sich ein nützlicher Kontakt ergeben. Damit dieTiere früh nach Frankfurt befördert und abends wieder zurückgebracht werden konnten, war man früher auf den Dienst von Mitfahrzentralen angewiesen. „Inzwischen haben wir jemanden kennengelernt, der beruflich jeden Tag nach Frankfurt und wieder zurück fährt.“ Er betätigt sich nun als Kurier, wenn es Segler-Probleme gibt.


Für die Lieferung der Heimchen, die die kleinen Segler am liebsten in gewaltigen
Mengen vertilgen, ist eine Futterinsekten-Farm in Erdmannhausen zuständig. Von
dort werden die Insekten lebend geliefert und von Susanne Scholl erst tiefgefroren
und später gekocht, bevor sie die Vögelchen als Mahlzeit angeboten bekommen.

 

Von ihren derzeit zwölf Jungvögeln hatte Susanne Scholl zwei Tiere in einer Box
mitgebracht. Sie kuschelten sich eng aneinander und unterhielten sich mit den typischen Tönen, die man auch von den erwachsenen Mauerseglern kennt. Die beiden gebürtigen Pforzheimer sind seit 14 Tagen bei Familie Scholl in Obhut und werden dort auch noch ein Weilchen bleiben.


„Wenn wir sie dann auswildern, ist es schon auch immer ein bisschen traurig. Aber das gehört zu der Aufgabe halt mit dazu“, sagte Susanne Scholl.