Ein Kreuz für die Turmfalken

Der Nabu hat die evangelische Gemeinde mit einer Urkunde ausgezeichnet. Von Werner Waldner

Kornwestheimer Zeitung 22.10.2014

 

"Lebensraum Kirchturm“ steht auf dem Schild, das seit wenigen Tagen neben der Eingangstür der evangelischen Martinskirche hängt. Es ist eine Auszeichnung, verliehen vom Naturschutzbund (Nabu), und ein Dankeschön dafür, dass die evangelische Gemeinde nicht alle Luken zugemauert und Fenster vergittert hat, sondern im Gemäuer Platz lässt – zum Beispiel für die Turmfalken. Gestern überreichten Vertreter des Dachverbandes Natur und Umwelt die Urkunde an  Pfarrer Christoph Rau.
Die Turmfalken wissen es vermutlich nicht zu schätzen, aber die evangelische
Gemeinde hat ihnen ein besonderes Eckchen freigehalten – das Fensterkreuz an
der westlichen Seite des Hauptschiffes. Vor sechs Jahren wurde das Gitter  entfernt, das Mauerwerk geglättet und zum Innenraum hin eine Plexiglasscheibe angebracht. Die Vögel ließen sich ein bisschen Zeit, bis sie den Nistplatz für sich entdeckten. Im Jahr 2011 zogen sie ein – und die ersten drei Jungvögel auf.

Seit dieser Zeit nehmen sie das Fensterkreuz in jedem Jahr für rund acht Wochen
zum Ausbrüten der Eier und Aufziehen der Jungen in Beschlag. 2012 und 2013 kamen zwei Tiere durch, in diesem Jahr waren es sieben. Eine stolze Zahl, sagt Walter Riebe, der das Fensterkreuz von der heimischen Wohnung aus im Blick hat und genau beobachten kann, was dort vor sich geht. Er hat aber auch einen Schlüssel zur Kirche, um im Frühjahr schauen zu können, wie viele Eier gelegt worden und ob die Vögel geschlüpft sind.

Während die Turmfalken, die sich ihre Nahrung am Boden suchen, die  Martinskirche in Beschlag genommen haben, ist der Rathausturm das Zuhause der Wanderfalken. Diese Vögel haben, wie Bernd Mathe, Gruppensprecher des Nabu, zu berichten weiß, vermehrt in die Städte zurückgefunden – wohl deshalb, weil der Uhu sie vom angestammten Terrain am Neckar vertrieben hat. Und das, sagt Mathe, sei ein gutes Zeichen dafür, dass der Uhu wieder vermehrt auftrete.

Aber zurück zu den Turmfalken: Die Naturschützer sind guter Hoffnung, dass jetzt
alljährlich ein Paar das Fensterkreuz der Martinskirche im Alten Dorf zum Nisten
aufsuchen wird. Pfarrer Christoph Rau betonte bei der Urkundenübergabe, dass die Gemeinde den Platz gerne zur Verfügung stelle. Es sei schließlich auch ein kleiner Beitrag zum Bewahren der Schöpfung, die sich die Kirche auf ihre Fahnen geschrieben habe.
An zwei Bäumen hinter der Kirche hat der Nabu übrigens auch Fledermauskästen
aufhängen dürfen. Die allerdings sind noch nicht bezogen worden. Dabei brauchen die Fledermäuse keine Angst zu haben. Sie stehen eigentlich nicht auf dem Speiseplan der Turmfalken.

Freuen sich, dass die Turmfalken in der Martinskirche ein Zuhause gefunden haben: (von links) Dr. Otmar Funk, Bernd Mathe, Helmut Heppel, Horst Allgaier, Pfarrer Christoph Rau und Walter Riebe. Foto: Werner Waldner