Die Mönchsgrasmücke singt Kneipenlieder

Pattonville Mit Ferngläsern statt Golfschlägern sind die Teilnehmer einer vogelkundlichen Führung über den Golfplatz gezogen. Von Eva Tilgner.

Kornwestheimer Zeitung, 6.Mai 2013

 

Buchfink, Nachtigall, Ringeltaube, Stockente, Wacholderdrossel, Gartenrotschwanz . . . über 29 Vogelarten geben sich die Ehre, den Teilnehmern der vogelkundlichen Wanderung über die Grünfläche des Golfgeländes in Pattonville etwas zu bieten. 'Der Golfplatz ist für die Region Kornwestheim eine Bereicherung', sagt Lothar Friedrich, obwohl er mit dem Golfspielen wenig am Hut hat. Dagegen liegt dem Mitglied der Ortsgruppe Kornwestheim des Naturschutzbundes (Nabu) die Natur im Allgemeinen und die Vogelwelt im Besonderen am Herzen: 'Im Vergleich zu einem Maisfeld wird auf dem Golfplatz nur wenig Chemie eingesetzt. Dadurch können kleine und große Tiere entlang der alten Baumbestände, die auf dem Golfplatzgelände noch bestehen, gut leben.'

 

Froh über die gute Zusammenarbeit mit dem Golfplatzteam ist auch der Vorsitzende des Bundes für Umwelt- und Naturschutz in Kornwestheim, Dr. Ottmar Funk, der gemeinsam mit Lothar Friedrich am frühen Sonntagmorgen über das Gelände führt: 'Sechs Steinkauz-Niströhren haben wir hier aufgestellt, mindestens zwei davon sind auch bewohnt. Wenn wir diese Nistkästen säubern, dann dürfen wir die Golfwägele benutzen', erzählt er und wird von einem Flöten unterbrochen. 'Die Mönchsgrasmücke benutzt diesen lauten Flötenton im Gegensatz zum Rotkehlchen, das feierlich zwitschert', erklärt Vogelexperte Friedrich und liefert gleich noch einen nicht wissenschaftlich belegten Erkennungstipp: 'Merken Sie sich einfach: Das Rotkehlchen singt Kirchenlieder und die Mönchsgrasmücke Kneipenlieder.' Unendlich viele Geschichten kann Lothar Friedrich von seinen gefiederten Freunden erzählen. Doch das Abenteuer, über das Chris Konik, Superintendent und Head-Greenkeeper des Golfclubs, berichtet, ist auch für Friedrich neu: 'Ich schlage meinen Golfball wunderbar auf die Mitte des Green. Plötzlich fliegt eine Krähe hin und klaut mir den Ball!', erzählt Konik. 'Wäre doch nicht schlecht, wenn sie ihn gleich eingelocht hätte', ruft ein Zuhörer dem Vertreter des Golfclubs zu.

 

Über das große Interesse an der über 140 Hektar großen Anlage freut sich Chris Konik: 'Die Sportler, die hierherkommen, entfliehen dem Lärm in der Stadt und genießen die Natur.' Wer nicht Mitglied in einem der beiden Golfvereine ist und nur über das Gelände spazieren will, ist ebenso herzlich willkommen, wenn er die Regeln der 'Ruhezonen' einhält. Nicht angeleinte Hunde und Jogger, die querfeldein über den Platz laufen, stören nicht nur die Golfspieler, sondern auch die Kleinvögel bei ihrer Brut. 'Wir haben durch unsere Renovierungsmaßnahmen in den letzten Jahren genügend Wege für Spaziergänger angelegt, die auch meistens benutzt werden', hält Chris Konik fest. Als Head-Greenkeeper des amerikanischen Golfclubs in Pattonville sorgt er nicht nur für die Zugänglichkeit von Wegen für interessierte Anwohner, sondern auch für das Wohlergehen der Vögel: 'Im Winter schickt mich mein Kollege immer los, um Vogelfutter zu kaufen. Selbst wenn ich noch nichts zu Mittag gegessen habe - die Vögel sind dann wichtiger', erzählt Chris Konik. Als wollte die Singdrossel seinen selbstlosen Einsatz loben, zwitschert sie mit einer immer gleichen Melodie den Vogelfreunden die Ohren voll. 'Das ist die ARD-Drossel', scherzt einer der Spaziergänger. 'Die spielt nur Wiederholungen!' Weiter geht es hinauf und hinunter über die frisch angelegten Wege des Golfgeländes. 'Ich war vorher noch nie hier', erzählt Sandra  aus Kornwestheim. 'Bisher hab ich immer gedacht, anstelle der Golfanlage wäre ein Wald besser. Aber jetzt bin ich erstaunt, wie schön es hier ist. Wie im Urlaub!' Dass die Wandergruppe nun munter, aber nicht ganz geräuschlos unter den Bäumen entlanggeht, scheint die Vogelwelt nicht zu stören - im Gegenteil: 'Wenn die Heckenbraunelle gut aufgelegt ist, saust sie singend in die Höhe. Jetzt jubiliert sie, weil wir bei ihr vorbeikommen', erklärt Lothar Friedrich seinen Zuhörern. Dass unter den Teilnehmern der Vogelführung keine Jugendlichen zu finden sind und der Nachwuchs beim Nabu rückläufig ist, wundert ein erfahrenes Mitglied der Ortsgruppe kaum: 'Ein Sprichwort sagt: Nur der Wissende sieht. Eltern können helfen, Kinder für den Vogelschutz zu begeistern, indem sie bei Spaziergängen, auf dem Spielplatz, überall in der Natur auf die kleinen, fliegenden Freunde ihre Aufmerksamkeit lenken.'

 

Gesichtete oder gehörte Vogelarten

Amsel

Baumläufer

Blaumeise

Buchfink

Buntspecht

Bussard

Eichelhäher

Gartengrasmücke

Gartenrotschwanz

Goldammer

Grünspecht

Heckenbraunelle

Kohlmeise

Mauersegler

Mönchsgrasmücke

Nachtigall

Rabenkrähe

Rauchschwalbe

Ringeltaube

Rotkehlchen

Rotmilan

Saatkrähe

Singdrossel

Star

Stockente

Turmfalke

Wacholderdrossel

Zaunkönig

Zilpzalp