Die Blaumeise wird im Blitzanflug ertappt

Finken und faule Vögel in der Ferienzeit: Die Kernzeitbetreuung schaut, was auf dem Friedhof so piepst. Von Birgit Kiefer

Kornwestheimer Zeitung 21.4.2012

Es zwitschert, tschilpt, piepst und pfeift. „Hört ihr das?“, fragt Bernd Mathe vom Naturschutzbund (Nabu). Er steht mittenauf dem Friedhof, reckt den Finger Aufmerksamkeit fordernd in die Höhe, aber rundum sitzen und springen in den Bäumen die Vögel und geben ihr Bestes: Sie singen oder krächzen, zetern oder gurren. Trotzdem hört Mathe den Zilpzalp und den Buchfink heraus. Die Kinder von der Kernzeitbetreuung an der Schillerschule sind beeindruckt.


Mathe nimmt sie mit auf eine Führung durch die Vogelwelt vor der eigenen Haustür. Über seinem Kopf baumelt ein Meisenkasten. Aber was Mathe zuallererstmal aus einem Weinkarton zieht, ist zunächst viel spannender: Den Zweit- bis Viertklässlern führt er Nester vor. Von einer Kohlmeise, einer Blaumeise, ein Minikleines vom Zaunkönig, eines von einer Amsel. „Aber nicht alle Vögel bauen Nester“, stellt Mathe klar. Die Kinder brauchen nicht lange, um herauszufinden, welcher Vogel sich diese Mühe nicht macht. „Der Kuckuck“, rufen
sie. „Der baut kein eigenes Nest“, verkündet ein Junge. „Das ist überhaupt der faulste Vogel“, bekräftigt Mathe.


Die Nester sind mal aus Wurzeln, mal aus Zweigen und Gräsern gebaut. Gefüttert
sind sie mit Federn oder Moos. Sehr heimelig. In manchen der filigranen Gebilde liegen auch noch Eier. Nicht immer schaffen es die Vögel, ihren Nachwuchs aufzuziehen. „Vielleicht hat ein Raubvogel sie erwischt“, schlägt Mathe vor. Vielleicht sei die Brut auch durch irgendetwas gestört worden. Während Mathe spricht, vergrößert sich die Gruppe auf dem Friedhof fast unbemerkt. Im Baum neben den Kindern ist eine Blaumeise in einen Kasten geflitzt. Direkt hinein ins Loch ist sie geflogen. Als sie wieder rauskommt, blinzelt sie kurz nach rechts und links und weg ist sie. „Passt die da überhaupt durch das kleine Loch?“, bezweifelt ein Mädchen, was die aufmerksamen Beobachter zu erzählen haben. Nun heißt es, auf ihre Rückkehr warten.Und die Geduld macht sich bezahlt. Kurze Zeit später vollführt der kleine Vogel dieselbe Kür. Zwar zücken die Kinder noch die Ferngläser, aber alles geht so schnell... Immerhin war auch mit bloßem Auge zu erkennen: eine Blaumeise. Kein schwarzer Streifen vorne von der Kehle bis hinunter zum Schwanz, aber dafür deutlich eine blaue Kappe auf dem Köpfchen. Da ist die Identifizierung nicht allzu schwer.


Während des Rundgangs begegnen den Kindern und ihren Betreuerinnen noch
Amseln, Stare, Rabenkrähen, Ringeltauben, Kohlmeisen. Rar macht sich leider der Kleiber, der nicht zeigen möchte, wie er kopfüber Baumstämme hinunter laufen kann. Zwei Eichhörnchen mischen sich aber auch ein. Sie bieten eine rasante Verfolgungsjagd mit tollkühnen Sprüngen von Baum zu Baum, über dürre Ästchen und hoch in den Wipfeln. Eine Ente ist in der Ferne dagegen eher auf einem gemütlichen Spaziergang. „Letztens im Stadtpark haben wir 19 verschiedene Vogelarten gezählt“, erinnert sich Mathe. Auf dem Friedhof sind es sicher ebenso viele, aber nicht immer sind die Piepmätze leicht auszumachen.

 

Und dann tauchen sie doch plötzlich alle auf. „Alle Vöglein sind schon da, alle Vöglein, alle“, singen die Kinder zum Abschied, „Amsel, Drossel, Fink und Star, und die ganze Vogelschar.“ Fast übertönen sie damit sogar das Gepiepse.