Da wir festgestellt hatten, dass auf dem Friedhof kaum Fledermäuse sind, haben wir die Fledermauspirsch wieder in den Stadtgarten verlegt.
Zunächst erzählte Walter Riebe manches Erstaunliche über die Fledermäuse und andere Fledertiere. Gegen neun Uhr, bei Sonnenuntergang ging es auf Beobachtung. Über dem Stadtgartensee sahen und hörten wir - per Fledermausdetektor - das erste Tiere im Zickzackflug auf Beutejagd. Am See im Salamander-Stadtpark war dann etwas mehr los, für den Großen Abendsegler waren wir aber schon etwas zu spät dran.
Kornwestheimer Zeitung 11.8.2014
Selten wohl war der Kornwestheimer Stadtgarten so gut besucht wie am Freitagabend bei einer milden Sommernacht. Kinder und Erwachsene strömten herbei und versammelten sich vor dem Musikpavillon inmitten einer bunten Blütenpracht. Von hier aus sollte es mit Einsetzen der Dunkelheit zur Fledermauspirsch gehen. Eingeladen hatte der Nabu Kornwestheim alle Fledermausinteressierten, um den Flugtieren bei ihrer nächtlichen Jagd nach Insekten zuzuschauen.
Noch war es aber zu hell, und Bernd Mathe, Vorstandsmitglied des Nabu, erklärte, warum der Stadtgarten als Treffpunkt ausgewählt worden war. Frühere Exkursionen auf dem Kornwestheimer Friedhof hätten gezeigt, dass die dort angebrachten Fledermausnistkästen nicht so wie erhofft angenommen worden und die Tiere dann dort nachts auch nicht zu sehen gewesen seien. Jedoch konnten sie im Stadtgarten und im in der Nähe liegenden Stadtpark geortet werden. Bernd Mathe erklärte, dass mit Hilfe von Detektoren, von denen er zwei mitgebracht hatte, Ultraschallrufe der Flugtiere verstärkt wiedergegeben würden. Ohne diese Geräte seien die während der Jagd ausgestoßenen Schreie für menschliche Ohren praktisch nicht hörbar. Mit ihrem Echoortungssystem hätten die Fledermäuse eine sehr komplizierte, aber effektive Methode entwickelt, die es ihnen ermögliche, sich im Dunkeln zurechtzufinden und Insekten zu jagen.
Der Frühaufsteher in der Gruppe der Fledermäuse ist der Große Abendsegler. Aber was heißt Frühaufsteher? Die Sonne muss schon untergegangen sein, bevor er aktiv wird. Die Zeit bis zum Aufbruch zur Beobachtung überbrückte Walter Riebe, langjähriges Mitglied des Nabu und Fledermausexperte, mit Erzählungen von Mythen und wissenschaftlich fundierten Berichten über diese geheimnisvolle Tierspezies. Besonders im Mittelalter wurden die Tiere häufig mit dem Satan in Verbindung gebracht, der bildlich häufig mit den typischen Fledermausflügeln dargestellt wurde. Die Fledermäuse wurden auch an Scheunentore genagelt, um böse Dämonen fernzuhalten.
Hilfe für Fledermäuse
Zum Glück – insbesondere für die Fledermäuse – gehört all das der Vergangenheit an, denn heute stehen sie unter strengem Artenschutz. Sie gehören aber auch zu jenen Lebewesen, die am meisten unter intensiver Land- und Forstwirtschaft sowie der Vernichtung natürlicher Lebensräume durch den Menschen zu leiden haben. Um einen eigenen Betrag zum Schutz dieser Tiere zu leisten, könnten im Eigenheim bei Bau oder Sanierungsmaßnahmen im Dachbereich Einflugöffnungen geschaffen werden, erläuterten die beiden Nabu-Experten. Dachböden würden sich für viele Fledermausarten als Sommerquartier eignen. Einige würden sichtbar im Dachraum hängen, andere Arten versteckten sich aber auch gerne im Gebälk oder in Mauerspalten. Ihren Winterschlaf halten viele Fledermausarten gerne in Stollen, Bunkern, Kellern und Gewölben. Für ihre Ruhezeit bevorzugen sie eine hohe Luftfeuchtigkeit und eine „angenehme“ Kühle von drei bis sechs Grad Celsius.
Fledermäuse, übrigens mit einem seidigen Fell ausgestattet, bewegen sich nicht nur in der Luft, sie können auch auf dem Boden landen, laufen und wieder starten. Ihre Fluggeschwindigkeit beträgt bis zu 50 Kilometer in der Stunde. Es sind Tiere, die die meiste Zeit des Jahres in Gruppen zusammenleben. In ihren Quartieren suchen sie meist engen Körperkontakt mit anderen Tieren, wodurch sich Fledermauspulke bilden (Schlafverband). Dies hat den Vorteil, dass die einzelnen Tiere wenig Energie für die Körperaufwärmung aufwenden müssen und verbrauchen.
Im Jahr wird im Regelfall nur ein Junges geboren. Die meisten Fledermausarten ernähren sich von Insekten, die sie teilweise im Flug erbeuten. Größere Arten fressen auch kleinere Säugetiere und andere Fledermäuse, kleinere Zugvögelarten, Frösche und Fische.
Während all dieser umfassenden Informationen war es dunkel geworden. Der Vollmond tauchte den Park in ein mildes Licht. Zeit, um auf die Pirsch zu gehen. Erstes Ziel war der See des Stadtgartens, denn hier hatte Bernd Mathe die Nacht zuvor einige Signale eingefangen. Doch im Moment rührte sich noch nichts, außer dass ein paar Libellen über dem Wasser tänzelten. Plötzlich: da, da! Die Kinder mit ihren scharfen Augen konnten zuerst eine Fledermaus mit ihrem schnellen, völlig lautlosen und für sie typischen Zickzackflug entdecken. Da, da! Die nächste kam im Tiefflug, vermutlich hatte sie direkt über der Wasseroberfläche eine der ahnungslosen Libellen erwischt. Dann war es für längere Zeit ruhig, der Detektor empfing keine weiteren Geräusche, und die Gruppe der BatLiebhaber setzte sich, eifrig über das Gesehene diskutierend, in Richtung Stadtpark in Bewegung.
An der mit einer niedrigen Mauer befestigen Seite des großen Sees versammelten sich die Beobachter, etwas unsicher, ob sich die Fledermäuse durch die ungewohnten lauten Geräusche nicht doch gestört fühlen würden. Nein, meinte Walter Riebe, der gerne jede Frage beantwortete. Die Tiere seien auf die Jagd fixiert und außerdem auch schon an Menschen gewöhnt. Aus dem Schilf erhob sich ein ärgerlich krächzender, riesiger Reiher mit einer Flügelspannweite von fast zwei Metern und flog, empört über den ungewohnten nächtlichen Lärm, eilends davon. Einige neugierige Enten kamen angeschwommen und verharrten erwartungsvoll.
Enten müssen zurückstehen
Als absolute Lieblinge der Kinder waren sie es gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen und manchmal einen der eigentlich verbotenen Happen zu bekommen. Doch in dieser Nacht gehörte die Aufmerksamkeit
von Groß und Klein nur den Fledermäusen. Und tatsächlich: Nur knapp einen Meter über den Köpfen bewegten sich im Blitzflug einige kleinere Fledermäuse, schnappten sich Steckmücken, die gerade die
Menschen ansteuerten, und waren sofort wieder verschwunden. Das wiederholte sich in schneller Folge. Was für ein Erlebnis. Beim Heimgang kam dann der Gedanke, dass mancher schnell dahinhuschende
Flugschatten vielleicht gar kein Vogel, sondern eine jagende Fledermaus war. Vielleicht sollte man in Zukunft genauer
hinschauen . . .