Den Steinkauz im Blick, den Kranich im Ohr

Beim Nabu ist Vogelkenner Lothar Friedrich nicht wegzudenken. Für seine Arbeit wird er jetzt ausgezeichnet. Von Susanne Mathes

Kornwestheimer Zeitung 27.11.2010

 

"Wenn man mit lebender Materie zu tun hat, gibt das Aufschwung und Lebenssinn", sagt Lothar Friedrich. Der Gärtnermeister, der auch mit knapp 75 Jahren und trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung noch nicht viel langsamer tut, ist der Natur mit Leib und Seele verhaftet. Nicht nur beruflich. Sein Engagement, vor allem für die heimische Vogelwelt, belohnt der Naturschutzbund morgen mit der goldenen Ehrennadel.

 

Mit seinem Vater, einem Lehrer, streifte Friedrich im Hohenlohischen, wo er aufwuchs, schon als Kind durch die Natur. "Er war ein großer Vogel- und Pflanzenkenner und hat mir alles gezeigt", erinnert sich Friedrich und denkt zurück an die Zeit, als man noch "ganze Sträuße Sumpfdotterblumen pflücken konnte" oder an aufregende Momente, in denen er beispielsweise den Eisvogel, "den fliegenden Edelstein", beobachten konnte.

Später, inzwischen in Möglingen beheimatet, kam er über die Schwiegereltern mit dem Naturschutzbund in Markgröningen in Kontakt, setzte sich bald für die Biotoppflege ein und eignete sich immer mehr Wissen über die Vogelwelt an - befeuert von Experten wie Professor Claus König, Franz Bretzendorfer oder Ernst Seitz. Nach dem Umzug der Familie nach Kornwestheim war Lothar Friedrich im hiesigen Naturschutzbund bald selbst als Vogelexperte gefragt. Bei vogelkundlichen Wanderungen, etwa auf dem Friedhof, lässt er die Kornwestheimer seit Jahren immer wieder erlauschen und entdecken, was sich alles oberhalb des Erdbodens tummelt.

 

Wenn er auf seine Vögel angesprochen wird, gerät der 74-Jährige regelrecht ins Schwärmen. Von der Mönchsgrasmücke, der Gartengrasmücke, der Dorngrasmücke oder der Klappergrasmücke beispielsweise, die im Gänsbachtal "ein wunderbares Rückzugsgebiet haben", von Schwarz- oder Braunkehlchen, den seltenen Gästen, von Rebhühnern, Nachtigallen oder Gelbspöttern. Wo man diese Vögel finden kann - Lothar Friedrich hat ein Gespür dafür, weil er sich auskennt und weiß, welche Bedingungen welche Vögel zum Bleiben einladen. Details behält er aber für sich: Fotografen, die die Tiere aufschrecken, oder Federsammler will er gar nicht erst auf den Gedanken bringen, es gäbe womöglich etwas Lohnendes zu finden.

 

Diverse Arten, meint Friedrich mit Bedauern, seien in Kornwestheim inzwischen gar nicht mehr zu finden - der Feldschwirl etwa, die Rohr- und die Goldammer, der Steinschmätzer oder der Pirol. Auch die Kiebitze seien verschwunden - "mit den Amerikanern", denn auf deren militärischem Gelände zwischen Kornwestheim und Aldingen habe absolutes Betretungsverbot geherrscht, "und Manöver gab es während der Brutzeit nicht." Ein optimales Areal also für diverse Arten.

 

Biotope schützen, Freiflächen erhalten, Rückzugsräume schaffen - ohne diese Maßnahmen lässt sich der weitere Artenrückgang nicht aufhalten, ist sich Friedrich sicher - "im Miteinander mit Bauern und Jägern, nicht im Gegeneinander", wie er betont. Was im Kleinen zu ermöglichen ist, das ermöglichen die Nabu-Mitglieder - etwa bei Naturpflegearbeiten im Kühloch, im Gänsbachtal oder auf der Vördere. Auch das Anbringen und Kontrollieren von Nisthilfen gehört zu den Aufgaben.

 

Wenn er draußen auf seinen Feldern arbeitet, schlägt dem Gärtnermeister Lothar Friedrich manchmal das Herz höher. So wie eines schönen Abends im vergangenen Oktober, als er am Himmel trompetenartige Rufe vernahm. "Kraniche über Kornwestheim", erzählt er, immer noch begeistert: "Das war das einzige Mal, dass ich das hier in der Gegend gehört habe." Seine besondere Liebe gehört aber dem Steinkauz. "Wenn der einen mit seinen schwefelgelben wissenden Augen anschaut", sagt Friedrich , "ist das einfach faszinierend."