Vogelkundliche Führung über die Vördere

08.09.2013 8:00 Uhr Parkplatz Freizeitpark

Das Wetter war gnädig, so dass die gut zwanzigköpfige Gruppe vom Regen verschont blieb. Seinem langjährigen Freund und Kollegen, unserem Anfang des Jahres verstorbenen Vorstand Franz Zauner widmete Dr. Rainer Ertel eine vogelkundliche Führung. Zweieinhalb Stunden, die wie im Flug vergingen.

 

Normalerweise besucht Dr. Ertel die Vördere von Remseck aus, er kennt das Gebiet recht gut und seit Jahrzehnten. Die Rohrdommel, die er dort vor dreißig Jahren gesehen hat, gibt es hier nicht mehr. Trotz ihres problematischen Untegrundes als ehemalige Mülldeponie ist die Vördere aber von hohem ökologischem Wert. Verschiedene Biotope wechseln sich hier ab, wobei leider der Hartriegel immer stärker überhand nimmt und die ehemals von Schafen freigehaltene Fläche zuwuchert.

 

Diese Freiflächen sind es, die vor allem Zugvögel magisch anziehen. Hier können sie rasten und ungestört Nahrung aufnehmen, sofern Spaziergänger und Hundehalter sich rücksichtsvoll zeigen.

 

Im Lauf der Jahre hat Dr. Ertel hier schon viele seltene Durchzügler gesehen, und immer wieder horcht er auf, um auf eine Vogelstimme aufmerksam zub machen. Er erklärt Zusammenhänge bei der Population von Feldmäusen, die einem Vierjahreszyklus folgt und nach einer Kulmination wieder zusammenbricht. Eingriffe durch den Menschen können die ungewollte Folge haben, dass die Population länger auf hohem Niveau verharrt. Das erfreut aber nur Bussard und Turmfalken.

 

Ob denn der Flugbetrieb die Vögel nicht störe, will ein Teilnehmer wissen. "Vögel gewöhnen sich an Umweltgeräusche. Und wenn sie gelernt haben, dass das keine Gefahr bedeutet, bleiben sie auch" meint Ertel. Nur die Durchzügler können damit ein Problem haben, da ihre "Lernzeit" zu kurz ist.

 

Glück haben wir auch noch und sehen Braunkehlchen, Neuntöter und Hohltaube. "Ich wüsste nicht, wo im Umkreis ich diese drei Arten noch auf so engem Raum antreffen könnte" meint Ertel. Was erneut für den hohen Wert der Vördere als Lebensraum spricht.

 

Früher Vogel fängt den Wurm, und früher Mensch hört den Vogel

Der Naturschutzbund führte durch den Freizeitpark und begegnete nicht nur Federvieh. Von Thomas Weingärtner

Kornwestheimer Zeitung, 9.9.2013

 

Trotz der frühen Stunde und der eher schlechten Wettervorhersage trafen sich gestern Morgen um acht Uhr 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur vogelkundlichen Führung des Naturschutzbundes auf dem Parkplatz des Freizeitparkes. Bevor es los ging, tauschten sich die Experten aus, was sie in den vergangenen Wochen so beobachtet haben. Rainer Ertel führte schließlich mit Charme und jeder Menge Fachwissen zu einem Grünstück hinter dem Flugplatz Pattonville. Dort konnte man verschiedene Arten nicht nur sehen, sondern vor allem hören. Bei den Vögeln, die um diese Zeit zu beobachten sind, handelt es sich laut Ertel hauptsächlich um Durchzügler Richtung Süden. Der Vogelzug heimischer Arten habe schon vor einiger Zeit begonnen, daher seien von denen nur noch die Saat- und die Rabenkrähe übrig. Der heimische und oft anzutreffende Mauersegler ließ sich aus eben diesem Grund gar nicht blicken. Dafür könne man vielleicht die eine oder andere Hohltaube beobachten, hoffte Rainer Ertel. Aber zum Termin des Nabu kam der Vogel dann leider doch nicht.

 

'Die Saatkrähe ist übrigens eine seltene und schützenswerte Art', erklärte der Vogelkundler. Die neue Population brüte hauptsächlich in Ludwigsburg, habe aber auch den Weg in den Freizeitpark gefunden. Ein weiteres Phänomen sprach Ertel an: 'Wir haben eine stark wachsende Population an Nilgänsen in ganz Deutschland festgestellt', sagt er.

 

Die Nilgans kommt, wie der Name schon sagt, aus Ägypten und wurde als Ziervogel nach Deutschland eingeschleppt. Mittlerweile sei die Nilgans der zweithäufigste Wasservogel in Deutschland. Auch die Mandarinente, eigentlich in Ostasien zuhause, sei in Europa gut verbreitet. 'Man hat auch versucht die Vögel zu bejagen, doch das ist aus ökologischer Sicht höchst kritisch und kontraproduktiv.' Denn das Schießen von auch nur zwei Exemplaren sorge dafür, dass sich Hunderte andere vom Nistplatz fernhalten und die gesamte Population in Aufruhr gerät.

 

Nicht nur Vögeln begegnete die morgendliche Wandergruppe, eine Blindschleiche kreuzte unverfroren den Weg der Teilnehmer. Obwohl kein Vogel, wusste auch Ertel hierzu eine kompetente Erklärung abzugeben: 'Blindschleichen gehören eigentlich nicht zur Familie der Schlangen, sondern sind eher mit den Eidechsen verwandt.' Und praktisch seien die Tiere obendrein, sagt er, sie ernähren sich nämlich von Nacktschnecken. Im heimischen Garten erweisen sich die Tiere also durchaus als nützlich und sind obendrein für den Menschen völlig ungefährlich.